Pflanzenauszüge, bei denen mit Alkohol die Wirkstoffe ausgezogen werden, nennt man Tinkturen. Pflanzenauszüge, die ohne Alkohol hergestellt werden, werden zwar im Sprachgebrauch auch meist als Tinktur bezeichnet, was aber eigentlich nicht stimmt.
Die Herstellung ist einfach:
Man benötigt Pflanzen, Alkohol und Dunkelglasfläschchen. Bei den frischen Pflanzenteilen sollen keine beschädigten, angefressenen, schimmligen oder braunen Stellen sein. Auf 15-20 g frische Kräuter verwenden wir ca. 95 ml Alkohol (zur Konzentration siehe weiter unten). Von getrockneten Kräutern dagegen nur 7-10 g auf die gleiche Menge Alkohol. Das Pflanzenmaterial wird zerkleinert und in Alkohol gegeben, danach verschlossen.
Meist wird es nun über mindestens 7 Tage, eher aber Wochen oder sogar Monate (über die Dauer streiten sich die Fachleute oft, besonders hartes Pflanzenmaterial benötigt eher länger, zarte Blüten sind bereits nach 7 bis 14 Tagen fertig ausgezogen) darin liegen gelassen und täglich 1-2-mal fest geschüttelt. Man wählt dafür einen lichtgeschützten (zur Schonung von Zersetzungsprozessen z.B. von Chlorophyll) und zimmerwarmen Platz unter 30 °C. Danach hat sich der Alkohol verfärbt und soweit möglich die Wirkstoffe aus den Pflanzen gelöst. Jetzt wird die Flüssigkeit durchgesiebt (durch ein Tuch und am besten anschließend nochmal durch einen Kaffeefilter) und die klare Flüssigkeit in lichtundurchlässige Fläschchen abgefüllt.
Es eignen sich besonders gut Tropffläschchen oder welche mit Pipette, da man die Tinkturen nur tropfenweise einnimmt. Bitte unbedingt jetzt beschriften mit Inhalt, Alkoholkonzentration und Datum!
Tinkturen sind mindestens ein Jahr haltbar, danach werden sie zwar nicht schlecht, unterliegen aber auch Abbauprozessen und sind dann nicht mehr besonders heilkräftig. Da es jedes Jahr neues Material gibt, das man verarbeiten kann, ist eine längere Lagerung nicht sehr sinnvoll, zumindest für die Einnahme nicht. Dieses Kaltverfahren nennt man Mazeration. Für den Hausgebrauch ist es besonders gut, da einfach, geeignet. Am besten verwendet man ein Ansatzgefäß, in dem das Material auch gut geschüttelt werden kann, also noch Platz dafür hat, was man am besten sogar zweimal täglich, mindestens aber einmal machen sollte. So wird das Pflanzengut vom Alkohol-Wasser-Gemisch gut umspült und die Wirkstoffe lösen sich.
Eine Tinktur aus nur einer einzigen Pflanzenart wird als Tinctura simplex (einfache Tinktur) bezeichnet. Werden mehrere Heilpflanzen gleichzeitig ausgezogen, als Tinctura composita (zusammengesetzte Tinktur).
Welchen Alkohol kann ich verwenden:
Für die Mazeration braucht es einen bestimmten Volumengehalt von meist mindestens 38 Vol.-% (siehe unten). Doch auch ein Teil Wasser (was in Alkoholgemischen wie Wodka und Co. bereits enthalten ist) wird benötigt. Dieser sorgt dafür, dass auch wasserlösliche Bestandteile extrahiert werden und die Zellwände aufquellen.
So gelangt der Alkohol besser in das Zellinnere und kann die Wirkstoffe lösen. Nach dem DAB (Deutsches Arzneibuch) hergestellte Tinkturen werden fast immer mit 70 Vol.-% Weingeist hergestellt. Für zarte Blüten und Blätter genügen aber 35 bis 55 Vol.-%. Dadurch kann für die meisten Kräuterextrakte üblicher Wodka, Korn oder ähnlicher Trinkalkohol verwendet werden.
Wurzeln und Rinden sind härter und benötigen mind. 55 bis 70 Vol.-%, dann eignet sich am besten unvergällter Weingeist (Apotheke oder Internet) oder ein sog. Ansatzschnaps (80 Vol.-%). Für Harze (Weihrauch, Fichtenharz, Propolis etc.) werden sogar 70-95 Vol.-% benötigt, also ebenfalls den Alkohol wählen aus Ansatzschnaps oder Weingeist. Wer an hochprozentigen Wodka (50 bis 70 Vol.-%) kommt, kann auch diesen, abhängig vom Alkoholgehalt, verwenden.
Vorteile und Anwendungen von alkoholischen Auszügen:
- Alkohol löst besonders viele Wirkstoffe aus der Pflanze, besonders lipophile (also fettlösliche) Inhaltsstoffe wie viele Flavonoide, Carotinoide; Alkaloide, Glykoside, Saponine, manche Bitterstoffe
- auch ätherische Öle sind alkohollöslich
- Alkohol konserviert, eine Tinktur braucht also nicht zusätzlich konserviert werden
- mit Tinkturen lassen sich gute Heilcremes herstellen, bei ausreichendem Anteil davon können diese sogar einen zusätzlichen Konservierer ersetzen (ein Emulgator ist aber nötig)
- verdünnt werden sie meist in Wasser oder lauwarmem Tee tropfenweise (zwischen 10 und 50 Tropfen am Tag) eingenommen
- äußerlich eignen sich Tinkturen gut zur Anwendung (verdünnt) als Waschung, Kompresse oder (pur) zur Wundreinigung und -desinfektion
- Tinkturen lassen sich einfach herstellen, sowohl aus frischen Pflanzen (Frischpflanzenmazerat), als auch aus getrockneten
- Tinkturen sind wirksamer als Kräutertees, weil Alkohol mehr Wirkstoffe herauszieht (und auch mehr Zeit dafür hat, Tee zieht ja nur einige Minuten lang)
- Tinkturen sind gut anzuwenden und benötigen im Reisegepäck wenig Platz
- Tinkturen sind lange und unkompliziert haltbar
Nachteil:
- für alkoholempfindliche Personen, Epileptiker, Schwangere, Kinder und auch Haustiere sind alkoholische Auszüge NICHT geeignet
Turboextraktion:
Wird eine Tinktur sofort benötigt, kann man diese mittels dieses Schnellverfahrens herstellen. Zerkleinertes (frisches oder getrocknetes) Pflanzenmaterial mit Weingeist (am besten hier die 70 Vol.-% wählen) mit einem kräftigen Mixer (oder Stabmixer) 5-15 Minuten lang ständig verwirbeln (funktioniert z.B. gut im Thermomix®).
Man verwendet hier 1 Teil Weingeist auf 5 Teile getrocknetes oder 8-10 Teile frisches Pflanzenmaterial. Sind Saponine enthalten, kann sich Schaum bilden, das macht aber nichts. Dabei soll sich die Flüssigkeit nicht über etwa 35 °C erhitzen (evtl. in ein kaltes Wasserbad stellen). Danach wenn möglich 24 Stunden lang stehen lassen, so setzen sich die Schwebstoffe am Boden ab. Anschließend die Flüssigkeit filtern, bis alles klar ist (im Labor oder Apotheken durch eine Glasnutsche, daheim erst durch ein Tuch, dann einen Kaffeefilter).
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